Feuer und Flamme für die Zukunft des Bahnhofs Bern: Rauchtest weist Sicherheit auf der Grossbaustelle nach
Bis 2029 entsteht unter dem Bahnhof Bern der SBB ein neuer Bahnhof für den Regionalverkehr Bern-Solothurn (RBS). Zahlreiche Bauleute brechen dafür untertags von einem Zugangsstollen her zwei riesige Kavernen aus. Hätten die Bauleute genügend Zeit, sich im Falle eines Brandes in Sicherheit zu bringen? Eine Frage, die wir für den RBS mit einem Heissrauchtest beantworten konnten.
Der Platz ist eng und die Temperatur um einige Grad kühler als an der Erdoberfläche. Licht ist nur dank Bauscheinwerfern vorhanden. Der Lärm unterschiedlicher Baumaschinen hallt durch die Baustelle. Wir befinden uns zwischen rund 12 und 29 Metern unter den Gleisen 2 bis 7 des Berner Hauptbahnhofs. Hier unten wird bis 2026 der Rohbau zweier Kavernen für den Regionalverkehr Bern-Solothurn (RBS) gebaut. Mit dem neuen unterirdischen Bahnhof wird die Kapazität des Regionalverkehrs massiv ausgebaut. Am Grossprojekt arbeiten täglich eine Vielzahl an Bauleuten, während weiter oben die Züge in alle Richtungen der Schweiz verkehren.
Simulation von Brandereignissen mit Izar
Ein kleiner Bagger fährt eine Plattform aus gelben Bauplatten in eine der zwei zukünftigen Kavernen. Auf ihr steht eine unscheinbare, kleine Anlage mit einem silbernen Schlauch, der wie ein Schnorchel in die Höhe ragt. «Das hier ist quasi der Hauptdarsteller des Tages», erklärt Christoph von Stauffenberg, Projektleiter Brandschutz bei Basler & Hofmann. «Izar ist unsere patentierte Anlage für die Durchführung von Heissrauchtests». Die mobile Anlage wurde mit einem Turmdrehkran den Zugangsschacht hinuntergehoben und mit dem Bagger an den ersten Testort geführt. «Mit Izar wollen wir heute die Brandfallsteuerung der Baulüftung testen. Tests an drei verschiedenen Orten sollen eine Antwort auf die Frage geben, ob die Bauleute hier unten im Falle eines Brandes genügend Zeit zur Flucht, respektive Evakuierung hätten», fasst Erich Hugi, ebenfalls Projektleiter Brandschutz bei Basler & Hofmann die Mission des Tages zusammen.
Realer Nachweis der Baustellensicherheit
Mit Izar werden üblicherweise reale Brände als Ergänzung zu computerbasierten Entrauchungssimulationen als Nachweis für die Brandschutzbehörden simuliert. Der Einsatz auf der Baustelle ist neu für Izar und das Brandschutzteam von Basler & Hofmann. «Für Baustellen wie diese ist seitens Behörden kein spezifisches Brandschutzkonzept gefordert. Der Brandschutz ist Teil des übergeordneten Baustellensicherheitskonzepts. Da es keinen massgeblichen Brandfall gibt, hat der Bauunternehmer die Brandfallsteuerung der Baulüftung basierend auf seinen Erfahrungen nach bestem Wissen und Gewissen konzipiert und installiert. Izar soll nun nachweisen, dass das System funktioniert und den Bauleuten, aber auch dem Auftraggeber und den Blaulichtorganisationen mehr Sicherheit geben», erklärt Erich Hugi.
Viel heisse Luft und weisser Rauch
Und schon züngeln die Flammen aus dem Brenner von IZAR. Gleichzeitig steigt weisser Nebel aus dem «silbernen Schnorchel» rechts des Brenners auf und verbreitet sich in der Kaverne. Der Rauch dient als «Tracer» für die Tests. Mit Handykameras hält das Team an verschiedenen Orten auf der Baustelle fest, wie schnell sich der Rauch im verzweigten Untertagbauwerk verteilt und ob das Lüftungssystem unter der Brandfallsteuerung wie geplant funktioniert. Pro Teststandort werden die Standardsteuerung sowie die Brandfallsteuerung des Baulüftungssystems getestet. Danach wird IZAR mit dem Bagger zum nächsten Testpunkt gefahren. Mit der Anlage können Brandsituationen schnell, sicher und ökologisch nachgestellt werden. Ein einziges Brennmodul produziert konvektive Wärme von 160kW. Da die blauen Flammen selbst kaum Wärme abstrahlen, sind sie für Menschen ungefährlich. Dasselbe gilt für den weissen Nebel, der so mit Luft vermischt wird, dass keine schädlichen Emissionen freigesetzt werden. «Izar und das Nebelfluid sind komplett ungefährlich. Wir setzen die Anlage deshalb auch in Innenräumen wie Konzertsälen, Einkaufszentren, Kinos oder sogar Flughäfen ein», erklärt Christoph von Stauffenberg.
Auch die Feuerwehr schaut gebannt zu
Im Normalbetrieb wird die unterirdische Grossbaustelle belüftet. Sollte es in einer der Kavernen brennen, kann die Belüftung mittels Notschalter auf Entlüftung umgeschaltet werden. Die Umschaltung dauert wenige Minuten. In dieser Zeit sorgt der bestehende Überdruck für einen Rauchabzug aus den Kavernen über die Zugangsstollen und den Schacht ins Freie. Während dieser Zeit kann das Baupersonal in den Rettungscontainer flüchten. Mit Start der Entlüftung öffnen sich im Übergangsbereich des Zugangsstollens und zu den Kavernen Entrauchungsklappen. Diese ziehen den Rauch aus dem Zugangsstollen ab und sorgen damit für einen rauchfreien Flucht- und Interventionsweg für die Feuerwehr. Die Krux: Draussen auf der Installationsplattform stehen die Lüftungsrohre der beiden Kavernen direkt nebeneinander. «Eine der zentralen Fragen der Rauchtests ist deshalb, inwiefern es zwischen der Frischluftzufuhr und der Entrauchung auf der Baustelle zu unerwünschten Wechselwirkungen kommen könnte», hält Erich Hugi fest. Dies interessiert auch die Berner Berufsfeuerwehr, die die Tests vor Ort für den Fall der Fälle mitbeobachtet.
Test bestanden
Auch wenn sich die unterirdische Baustelle temporär eindrücklich mit Rauch füllt, ist das Resultat der Tests erfreulich: «Wir konnten keinen Kurzschluss zwischen Be- und Entlüftung feststellen. Zudem hat der Test gezeigt, dass die Bauleute genügend Zeit für die sichere Flucht hätten und dass die Intervention der Feuerwehr durch die nachströmende Frischluft unterstützt wird. Es kann also sicher weitergearbeitet werden», sagt Christoph von Stauffenberg. Damit hat Izar seine Aufgabe für heute erfüllt und ist bereit für seinen nächsten Einsatz.