Infrastruktur
03. Oktober 2024 – Beitrag

35 Tonnen schweben über St. Gallen: Einhub der Brücke über den Unteren Graben

In einer Nachtaktion hat ein Team von 50 Fachleuten das erste Element der Brücke über den Unteren Graben eingesetzt. Der Einhub hat sowohl beim jungen Projektteam von Basler & Hofmann wie auch bei diversen Zuschauenden für Nervenkitzel gesorgt. In der Reportage lassen wir die Nacht vom 29. September Revue passieren.

Es ist aussergewöhnlich ruhig auf der Kantonsstrasse «Unterer Graben» in St. Gallen, als Seraina Renggli und Josefine Gerarts am späten Abend eintreffen, um gemeinsam die letzten Details zu besprechen. Für den bevorstehenden Brückeneinhub musste die Kantonsstrasse gesperrt werden. Die beiden wirken vorfreudig und zugleich auch ein bisschen nervös.

«Das ganze Projektteam hat die letzten zwei, drei Monate auf dieses eine Datum hingearbeitet. Wir kriegten nur diesen Tag für die Strassensperre vor der Messe Olma und dem Wintereinbruch.»
erklärt Seraina Renggli, Projektingenieurin

Renggli und Gerarts sind Teil des jungen Projektteams von Basler & Hofmann, das gemeinsam mit DGJ Landscapes und Nau2 den Projektwettbewerb der Entwicklerin und Totalunternehmerin Senn Resources für sich entscheiden konnte. Die neue Fussgängerbrücke wird die Altstadt mit dem Unteren Rosenberg verbinden. Langsam trudelt auch der Rest des Teams ein, das sich zuvor beim gemeinsamen Abendessen für die Nachtaktion gestärkt hat.

Seraina Renggli, Projektingenieurin, im Gespräch mit Josefine Gerarts, verantwortliche Bauleiterin für die Brücke über den Unteren Graben.

Kurz nach Mitternacht wird die Stahlbetonkonstruktion mit einem Schwerlastentransport angeliefert. Erst jetzt wird einem die Dimension des Bauteils so richtig bewusst: Das Brückenelement ist 32 Meter lang und bringt stolze 35 Tonnen auf die Waage. Ein Mobilkran wird das Bauteil an dem vorgesehen Platz positionieren – ein «kniffliges» Unterfangen, wie Bauleiterin Josefine Gerarts erklärt:

«Das Element muss zwischen bestehenden Gebäuden und den schützenswerten Bäumen des St.-Mangen-Parkes eingehoben werden, ohne diese zu beschädigen. Da ist nicht viel Platz. Wir haben das alles vorab geometrisch geprüft und sind jetzt sehr gespannt, wie der Einhub in der Realität funktioniert».

Und schon ist es soweit: An vier Lastseilen befestigt, beginnt sich das tonnenschwere Brückenelement langsam vom Unteren Graben zu heben.

Da die Brücke in ihrer Endposition über der Strasse ein Gefälle von sechs Prozent haben soll, wird sie nicht gerade, sondern leicht geneigt angehoben.

Nach wenigen Minuten schwebt die Brücke dem höchsten Punkt entgegen. Sie ist jetzt rund 18 Meter oberhalb des «Unteren Graben» parallel zur Strasse in der Luft. Nun steht das eigentlich «Kunststück» des Kranführers an: die Vollführung einer Vierteldrehung. Diese bringt das Element in die Lage, die es schliesslich haben soll.

Die Rotation ist geschafft. Das Projektteam atmet gemeinsam mit den angereisten Medien und Zuschauenden auf, die das nächtliche Spektakel bei einer Tasse Punsch verfolgen. Nun wird das Brückenelement langsam abgesenkt, bis es schliesslich seinen Bestimmungsort erreicht.

«Die Brücke muss auf den Millimeter genau am neuen Parkhaus UG25 abgesetzt werden. Das erfordert vom Kranführer viel Fingerspitzengefühl»,
so Seraina Renggli.

Auch diese Aktion verläuft gemäss Drehbuch. Jetzt wird die Brücke noch auf der Seite des Parks fixiert – vorerst mit einer provisorischen Stützkonstruktion, die die grosse Last mittels Hydraulik aufnimmt.  

Seraina Renggli und Josefine Gerarts prüfen, dass die Lage und das Gefälle der Brücke in ihrer Endposition stimmen.

Um zwei Uhr morgens hat das erste von insgesamt drei Brückenelementen seinen definitiven Platz gefunden. Die Freude im Team ist gross. Der Einhub des zweiten und dritten Brückenteils ist in den kommenden Monaten geplant. Im Frühjahr 2025 soll die Brücke in Betrieb gehen. Die Fussgängerinnen werden dann wie auf einem Baumwipfelpfad durch den St.-Mangen-Park schreiten können. 

Ein sichtlich erleichtertes Team freut sich über die gelungene Nachtaktion.
Beteiligte Kompetenzen

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