ANALOG & DIGITAL

Interview mit einem Simulanten

Was können wir von simulierten Bränden über echte Feuer lernen? Welche Berechtigung haben Heissrauchtests im Zeitalter von Computersimulationen? Ein Gespräch mit Izar, einem führenden Experten für Realbrandversuche.

Izar, du sagst von dir, Brände real nachstellen zu können. Du wirfst Flammen, produzierst bis 1,9 Megawatt Wärme und füllst riesige Räume mit Rauch. Kann man in echten Gebäuden so tun als ob es brennt, ohne dass dabei Schäden entstehen?
Flammenwerfen ist etwas für Zirkusartistinnen oder -artisten. Das hat nichts mit meinem Brenner zu tun. In mir steckt das Know-how erfahrener Brandschutzfachleute. Mein Gasbrenner arbeitet hoch präzise, extrem sauber und ist absolut sicher. Meine Flammen sind nur wenig hoch und produzieren nur konvektive Wärme. Bereits wenige Zentimeter neben den Flammen bleibt die Lufttemperatur während eines Tests fast unverändert. Ich bin die erste Realbrandversuchsanlage, die die hohen Umweltanforderungen in der Schweiz erfüllt. Ich verbrenne das Gas-Luft-Gemisch völlig rückstandsfrei. Weder Russ noch giftige Gase bleiben zurück.


Du produzierst aber ganz schön viel Rauch. Bleiben davon keine Rückstände?
Nein, bei meinem Rauch handelt es sich um ein niederschlagfreies, geruchloses Nebelfluid. Mein Rauch ist hitzebeständig. Im Unterschied zu herkömmlichen Rauchversuchen kann ich die Rauchschichtung eines realen Brandes exakt nachstellen. Und die ist in einem Brandfall entscheidend. Denn für die Personensicherheit kommt es darauf an, wie lange eine raucharme Schicht zur Verfügung steht. Das ist die Zeit, die zur Evakuation bleibt.

«Dank mir können Bauherrschaften und Behörden mit eigenen Augen sehen und erleben, wie sich ein Brand in ihrem Gebäude ausbreitet.»

Diese kann heute ja aber auch digital mittels computerbasierter Brand- und Evakuationssimulationen berechnet werden. Hast du Angst, deinen Job zu verlieren?
Ich glaube, wie bei Mensch und Maschine liegt die Zukunft der Realbrandversuche und Computersimulationen nicht im Gegeneinander, sondern im Miteinander. Computersimulationen sind gut dafür, die Rauchabzugsanlagen zu dimensionieren und grundsätzliche konzeptionelle Überlegungen im Brandschutz zu validieren. Sie basieren aber immer auf Annahmen und Vereinfachungen. Sie können die Realität nie zu hundert Prozent abbilden. Beim Brandschutz geht es aber um die Sicherheit von realen Menschen. Wer will sich da auf Annahmen verlassen? Dank mir können Bauherrschaften und Behörden mit eigenen Augen sehen und erleben, wie sich ein Brand in ihrem Gebäude ausbreitet.

Du bist seit 2014 Teil des Brandschutzteams von Basler & Hofmann. Welche Einsätze sind dir besonders in Erinnerung geblieben?
Jeder Einsatz ist einzigartig. Ich konnte mit meinem Team schon viele spannende Orte in der ganzen Schweiz besuchen … unter anderem die sanierte Tonhalle und das Kaufleuten in Zürich, ein neues Auditoriumsgebäude der Firma Roche in Kaiseraugst, ein Kühllager von Coop in Schafisheim oder die unterirdische Baustelle für den neuen RBS-Bahnhof unter dem Hauptbahnhof Bern.

Da schaut auch die Betriebsfeuerwehr gebannt zu: IZAR beim integralen Test im Auditoriumsgebäude der Firma Roche in Kaiseraugst.

Zum Schluss: Wo siehst du dich in zehn Jahren?
Ich hoffe, ich werde weiterhin für meinen Job brennen und genügend Energie haben, um zur Sicherheit in Gebäuden, Tunnels oder auf Baustellen beizutragen. Wenn ich die Entwicklung der Brandschutzvorschriften 2026 beobachte, gehe ich davon aus, dass die Brandschutzfachleute grössere Gestaltungsspielräume erhalten werden, Lösungen abseits der Standards zu entwickeln. Ich bin überzeugt, dass Realbrandversuche in diesem Kontext als Nachweisverfahren nochmals an Gewicht gewinnen werden. Es dürfte mir also kaum langweilig werden.

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