ANALOG & DIGITAL
Das Bauen im Bestand schont unsere Rohstoffreserven. Wie können wir rasch Wissen über bestehende Bauwerke gewinnen und nutzen? Ein Gespräch mit Lukas Rüdin, Leiter Geomatik, über digitale Bestandsmodelle.
Was ist der Nutzen eines digitalen 3D-Modells von einem bestehenden Bauwerk?
Der Auslöser für eine digitale Bestandsaufnahme ist meistens ein Bauprojekt. Für viele Bestandsbauten gibt es nur unvollständige, veraltete oder gar keine Pläne mehr. Mit den Bestandsmodellen können wir zum Beispiel den Architekturbüros in einem Wettbewerb präzise Grundlagen zur Verfügung stellen. Die Vorteile der Modelle ziehen sich durch alle Projektphasen. Anhand des 3D-Modells können Entscheidungen besser getroffen werden, Konflikte im Bau vorausschauend gelöst und es kann nahtlos zusammengearbeitet werden. Wo die Modelle noch zu wenig genutzt werden, ist im Betrieb.
Wo siehst du dort Potenzial?
Zum einen im Unterhalt von Bauten und technischen Anlagen, wie beispielsweise im Falle der Wasserversorgung Zürich. Mit den Modellen können die Reservoirs und Quellwasserfilter digital begangen und Wissen über Bau- und Anlagenteile rasch abgerufen werden. Das spart den Aufwand, vor Ort zu gehen, wenn zum Beispiel ein Element ersetzt werden muss. Zum anderen können 3D-Modelle mit Echtzeitdaten von beispielsweise Sensoren zu einem digitalen Zwilling fusioniert werden. So könnte in einem Bürogebäude unter anderem die Arbeitsplatzbelegung oder das Raumklima gesteuert werden.
Welche Entscheidungen braucht es von mir als Bauherrin, wenn ich ein digitales Bestandsmodell in Auftrag gebe?
Grundsätzlich müssen wir wissen, wofür das digitale Bestandsmodell genutzt werden soll. Aus den Bedürfnissen der Bauherrschaft ergeben sich die Anforderungen an das Modell. Soll das digitale Modell georeferenziert sein? Welche Bauteile und technischen Anlagen müssen mit welchen Informationen erfasst werden? Wie genau müssen die einzelnen Elemente im Bauwerk verortet werden können? Anhand der Anforderungen wählen wir die optimalen Technologien für die Erfassung. Der Wasserversorgung Zürich war es zum Beispiel ein Anliegen, die Überdeckung gewisser Reservoirs zu kennen. Dort haben wir zusätzlich zum mobilen Scanning in den Bauwerken im überbauten Gebiet mit Drohnen die Umgebung aufgenommen.
Dort wart ihr mit etwas futuristisch anmutenden Scannern unterwegs, die man tragen kann. Was ist der Vorteil?
Mit den mobilen Scannern können wir Bauwerke unglaublich schnell erfassen. Im Vergleich zum statischen Scanning brauchen wir rund vier Mal weniger Zeit. Bei bestehenden Bauten in Betrieb ist dies ein entscheidender Vorteil. Das haben wir bei der Arbeit für die Wasserversorgung Zürich erlebt. Hätten wir statisch gescannt, hätten aufgrund des längeren Leerstands und Aufenthalts von uns in den Trinkwasserkammern andere Hygienevorschriften gegolten. Der Aufwand für die Reinigung nach unserer Arbeit wäre viel grösser gewesen.
Während des Scannings erstellt ihr zusätzlich 360-Grad-Fotos. Wozu?
Die Punktwolken selbst liegen in Graustufen vor. Bei komplexen Bauwerken oder technischen Anlagen ist die Orientierung darin für unser menschliches Hirn schwierig. Durch das Einfärben der Punktwolken mit den 360-Grad-Bildern erscheinen die digitalen Modelle realitätsnah. Dadurch können wir die Geometrie und einzelne Bauteile rascher erfassen.
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